Was sich 2025 in der Web-Entwicklung wirklich ändert
Jedes Jahr die gleichen "Top 10 Web Dev Trends" Artikel. Meistens wiedergekaut, selten aus der Praxis. Ich sag dir was sich 2025 wirklich ändert – basierend auf dem was wir bei unseren Projekten sehen und was unsere Kunden tatsächlich nachfragen.
Kein Buzzword-Bingo, nur ehrliche Einschätzungen.
1. AI in der Entwicklung – mehr Werkzeug, weniger Revolution
Die Wahrheit: GitHub Copilot und ChatGPT nutzen wir täglich. Aber nicht so wie die Clickbait-Artikel es verkaufen.
Was AI wirklich kann:
Boilerplate-Code schreiben:
API-Routes, CRUD-Operations, TypeScript-Interfaces – solche repetitiven Aufgaben übernimmt die AI. Das spart Zeit, ja. Revolutionär? Nein.
// Prompt: "Create a Next.js API route for creating a blog post"
// Copilot schreibt:
export async function POST(req: Request) {
const { title, content } = await req.json()
const post = await prisma.post.create({ data: { title, content } })
return Response.json(post)
}
Funktioniert. Spart 5 Minuten. Aber die Architektur-Entscheidungen? Die trifft immer noch der Mensch.
Erklärungen zu Legacy-Code:
Wir haben einen Kunden mit einem 8 Jahre alten React-Projekt übernommen. Keine Dokumentation, weird Patterns. ChatGPT hat geholfen den Code zu verstehen – aber fixen mussten wir ihn trotzdem selbst.
Was AI NICHT kann:
- Geschäftslogik verstehen: "Kunde soll nur zahlen wenn Produkt auf Lager" – solche Anforderungen musst du übersetzen
- Architektur-Entscheidungen: Monolith vs Microservices? AI rät, du entscheidest
- Performance-Optimierung: AI schlägt vor, du musst wissen was Sinn macht
Bottom Line: AI ist wie ein Junior-Developer. Hilft bei den Basics, braucht aber Anleitung. Die Hype-Artikel die "AI ersetzt Entwickler" predigen? Realitätsfern.
2. TypeScript ist Standard (endlich)
2020 haben wir Kunden TypeScript vorgeschlagen. Reaktion: "Zu komplex, brauchen wir nicht."
2025? Kunden FORDERN TypeScript. Was hat sich geändert?
Warum der Wandel:
Bessere Tooling:
VSCode + TypeScript ist unschlagbar. Auto-Complete, Error-Checking, Refactoring – das überzeugt auch Skeptiker.
Frameworks setzen darauf:
- Next.js: TypeScript by default
- Remix: Full TypeScript support
- SvelteKit: TypeScript-first
Wenn dein Framework TypeScript empfiehlt, nutzt du es. Einfach weil's der Weg des geringsten Widerstands ist.
Real-World Vorteil:
Letztes Projekt, E-Commerce-App. Nach 6 Monaten mussten wir die Produkt-Datenstruktur ändern. Mit TypeScript: Compiler zeigt uns ALLE Stellen die angepasst werden müssen. Ohne TypeScript? Viel Spaß beim Suchen – und beim Debuggen der Stellen die du übersehen hast.
// Vor dem Change
interface Product {
id: string
price: number
}
// Nach dem Change
interface Product {
id: string
pricing: {
amount: number
currency: string
}
}
// TypeScript zeigt dir ALLE 47 Stellen wo du product.price benutzt
// JavaScript? Good luck.
3. Edge Computing wird Mainstream
Cloudflare Workers, Vercel Edge Functions, Deno Deploy – Edge Computing klingt fancy, aber was bringt's wirklich?
Der Unterschied:
Traditional Server:
Dein Server steht in Frankfurt. Nutzer aus Tokyo? 250ms Latency, nur für die Verbindung.
Edge:
Dein Code läuft auf Servern weltweit. Nutzer aus Tokyo? Server in Tokyo antwortet. 15ms Latency.
Wo es Sinn macht:
API-Requests mit geringer Komplexität:
Authentifizierung, Rate Limiting, A/B Testing – perfekt für Edge.
// Cloudflare Worker: Geo-based Redirects
export default {
async fetch(request) {
const country = request.cf?.country
if (country === 'DE') {
return Response.redirect('https://example.de')
}
return Response.redirect('https://example.com')
}
}
Statische Seiten mit Personalisierung:
Next.js + Middleware = statische Seite mit personalisierten Inhalten. Beste aus beiden Welten.
Wo es (noch) nicht passt:
- Komplexe Datenbankoperationen: Edge-Runtime hat Limits
- File Processing: Video-Encoding? Lieber traditioneller Server
- Legacy-Dependencies: Braucht npm-Packages die Node.js-APIs nutzen? Edge kann's nicht
Praxis-Beispiel:
Webshop eines Kunden. Produktseiten statisch generiert (schnell), aber Preis-Anzeige Edge-personalisiert (je nach Region). Ladezeit: 0,4 Sekunden weltweit.
4. React bleibt, aber...
React ist weiterhin #1. Aber die Art WIE wir React nutzen ändert sich.
Server Components sind gekommen um zu bleiben
Next.js 13+ mit App Router: Server Components by default. Anfangs weird, jetzt? Game-Changer.
Warum:
// Old way: Alles im Browser
function BlogPost() {
const [post, setPost] = useState(null)
useEffect(() => {
fetch('/api/post/123').then(r => r.json()).then(setPost)
}, [])
if (!post) return <Spinner />
return <div>{post.content}</div>
}
// User sieht: Spinner → dann Content
// Bundle size: +React +useState +useEffect
// New way: Server Component
async function BlogPost() {
const post = await getPost('123')
return <div>{post.content}</div>
}
// User sieht: Sofort Content
// Bundle size: 0 (läuft auf Server)
Real Impact:
Blog eines Kunden von Client-Side auf Server Components umgestellt:
- JavaScript Bundle: -156KB
- Time to Interactive: -1,8 Sekunden
- Hydration Errors: Von 3-4 pro Release auf 0
Aber: Client Components bleiben wichtig
Interaktivität braucht Client. onClick, useState, useEffect – das läuft im Browser. Der Trick: Nur das was MUSS im Client, alles andere Server.
5. Mobile-First ist nicht genug, Mobile-Only ist die Realität
70% unserer Client-Traffic kommt von Mobile. Bei manchen Kunden sind's 85%. Desktop? Fast egal geworden.
Was das bedeutet:
Performance ist kritischer:
Handy mit 3G-Verbindung ist Standard, nicht Edge Case. Deine 5MB JavaScript-App? Auf dem Handy dauert das 15 Sekunden.
Touch-Optimierung:
Buttons die auf dem Desktop funktionieren, sind auf Mobile zu klein. 44x44px minimum – nicht 32x32px.
/* Nicht genug */
.button {
padding: 8px 16px; /* ~32px Höhe */
}
/* Besser */
.button {
min-height: 44px;
min-width: 44px;
padding: 12px 24px;
}
Praxistest:
Wir testen jede Website auf einem echten Handy mit gedrosseltem 3G. Nicht im Chrome DevTools (das ist zu optimistisch), sondern wirklich auf dem Gerät. Augenöffnend.
6. Fullstack-Frameworks dominieren
React alleine reicht nicht mehr. Du brauchst:
- Routing
- Data Fetching
- API Routes
- Authentication
- Deployment
Deshalb: Fullstack-Frameworks.
Die Gewinner 2025:
Next.js:
Weiterhin die #1. React + everything you need. Vercel-Deployment ist unschlagbar einfach.
Remix:
Web-Fundamentals done right. Schneller als Next.js, aber kleineres Ökosystem.
SvelteKit:
Wenn du kein React willst. Svelte ist schneller, kleiner, einfacher. Aber weniger Jobs, weniger Libraries.
Was wir empfehlen:
Startup / neues Projekt? → Next.js
Performance-kritisch? → Remix oder SvelteKit
Team kennt nur React? → Next.js
Budget begrenzt? → Next.js (Vercel Hobby-Plan kostenlos)
7. CSS wird wieder einfacher (danke Tailwind)
Jahrelang: CSS-in-JS, Styled-Components, Emotion, CSS Modules...
2025: Tailwind hat gewonnen.
Warum Tailwind sich durchsetzt:
Keine Naming-Discussions:
/* Vorher: 30min diskutieren wie man's nennt */
.primary-button-large-with-icon { ... }
.btn-primary-lg-icon { ... }
.button--primary--large { ... }
/* Jetzt: Nutzen was da ist */
<button className="bg-blue-600 px-6 py-3 text-white rounded-lg">
Kein Context-Switching:
HTML schreiben, CSS schreiben, zurück zu HTML, zurück zu CSS... Mit Tailwind: Alles an einem Ort.
Production-ready:
# Tailwind Build
npm run build
# Output: 12KB CSS (only used classes)
# Styled-Components Bundle
# 50KB Runtime + dein CSS
Ist Tailwind perfekt? Nein. Klassennamen werden lang. Aber: Produktivität > Perfektion.
Was NICHT passiert ist (trotz Hype):
Web3 / Blockchain
"Dezentrales Web!" hieß es 2021. 2025? Crypto ist Nische geblieben. Kein einziger unserer Kunden hat nach Blockchain-Integration gefragt.
No-Code wird Devs ersetzen
Webflow, Bubble, etc. – toll für Prototypen. Für komplexe Apps? Braucht's echten Code.
WebAssembly everywhere
WASM ist cool. Aber 95% der Websites brauchen's nicht. JavaScript ist fast enough.
Was du 2025 lernen solltest:
- TypeScript – no excuse anymore
- Server Components – die Zukunft von React
- Tailwind CSS – schneller entwickeln
- Edge Functions – für globale Performance
- AI Tools nutzen – Copilot, ChatGPT als Werkzeug
Fazit: Evolution statt Revolution
2025 bringt keine großen Umbrüche. Sondern: Bestehende Technologien werden besser, einfacher, performanter.
React bleibt. TypeScript ist Standard. Fullstack-Frameworks dominieren. Edge Computing wird normal.
Nichts davon ist revolutionär. Aber zusammen? Machen sie Web-Entwicklung besser als je zuvor.
Und das finde ich ehrlich gesagt spannender als künstliche Hypes.